„Ab jetzt wird sich alles ändern. Versprochen.“, sagte ich und sah in die traurigen Augen meines Mannes. Damals war mir nicht klar, dass meinen Worten schwere Entscheidungen folgen werden.
Aber ich habe es geschafft!
Und darum blicke ich heute noch einmal zurück und freue mich jede Minute, dass ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe.
Rückblick – Das Vorstellungsgespräch
An diesem Morgen hatte ich es besonders eilig. In einer Stunde begannen die Vorstellungsgespräche und ich stand immer noch im Bad und kämpfte mit meiner Frisur. Als mir zudem noch die Haarspange ins Klo fiel, war das Chaos perfekt. Wütend knallte ich den Klodeckel nach unten und ärgerte mich, ihn nicht geschlossen zu haben. Dann eben nur ein Haargummi, dachte ich und gönnte der Spange das Bad im Klo. Dann eilte ich in den Flur, griff mir den Aktenkoffer und schleuderte meine Handtasche über die Schulter. Hoffentlich war die Autobahn frei.
Ein Stau an der Auffahrt verhinderte bereits das Vorankommen und so stieg die Spannung, ob ich das Büro rechtzeitig erreichen würde ins Unermessliche. Endlich war es soweit. Ich konnte mich in die Autoschlange eingliedern und bat, mit einem kurzen Handzeichen, den BMW Fahrer links von mir, mich vorzulassen. Er nickte zustimmend. Ich fuhr an. Er aber gab Gas und zeigte mir den Effe!
„Arschloch!“, brüllte ich durch die geschlossenen Autoscheiben. Aber er hatte mich offensichtlich trotzdem verstanden und schenkte mir sein breites Lächeln.
Schweißgebadet stand ich dreißig Minuten später im Fahrstuhl. Als sich die Tür endlich öffnete begrüßte mich Hannes mit hochrotem Kopf: „Hast Du mal auf die Uhr geschaut? Wir warten seit geschlagenen zehn Minuten auf Dich!“ Wild gestikulierend tippte er auf seine Rolex. Erschöpft ging ich an ihm vorbei, fiel auf den nächstbesten Stuhl und atmete erst einmal tief durch. Er tobte hinterher und kam schnaubend auf mich zu: „Komm jetzt! Es warten schon zwei Kandidaten. Darf ich Dich daran erinnern, dass Du die Auswahl selbst treffen wolltest.“ Also schraubte ich mich wieder hoch und folgte ihm.
Auf dem Weg zum Meetingraum schlugen meine Gedanken Purzelbaum…Wie redet der eigentlich mit mir?…Der kommt ständig zu spät…Ich hetzte von einem Termin zum anderen quer durch Deutschland…Wieso lass ich mir das eigentlich gefallen?
„Claudia… Claudia… Frau Damarus!“
Hannes schlug seine Hand auf den Tisch. Ich fuhr hoch: „Ja?“ Er schrie: „Was ist los mit Dir?“
Dann platze es aus mir heraus: „Was mit mir los ist? Du willst wirklich wissen, was mit mir los ist?“ Mit einem kräftigen Fußtritt donnerte ich die Tür zu. Hannes zuckte zusammen.
„Jetzt sage ich Dir mal, was los ist. Du behandelst mich wie eine Nutte. Du vermietest mich überallhin, wo Brände zu löschen sind. Es reicht! Auch diese Vorstellungsgespräche heute sind eine Farce. Ich gebe Dir Brief und Siegel darauf, dass die Kandidaten in einem halben Jahr nicht mehr da sind. Dann habe ich wieder meine ganze Energie in Menschen gesteckt, die danach zur Konkurrenz laufen! Wie lange wollen wir uns noch im Kreis drehen, Hannes? Wie lange?“
Plötzlich war er die Ruhe selbst: „Gut. Dann schicken wir alle da draußen wieder nach Hause. Willst Du das wirklich?“
Ich stand auf, öffnete die Tür und bat den ersten Kandidaten mir zu folgen.
Nach zwei Stunden hatten wir immer noch keinen geeigneten Mitarbeiter fürs Process Management gefunden und es wartete nur noch ein Herr im Vorraum. Während Hannes ihn hereinbat, blätterte ich in seinen Bewerbungsunterlagen. Was dann geschah hatte ich nicht auf dem Bildschirm:
Ein sehr gut gekleideter Mitdreißiger betrat den Raum und reichte mir die Hand: „Gestatten. Robert von Hohenstein.“ Ich schaute ihn an und versuchte sofort Contenance zu bewahren: „Claudia Damarus.“ Dann lehnte ich mich genüsslich zurück. Hallo Arschloch, dachte ich und konnte mir einen Schmunzler nicht verkneifen. Hannes starrte mich fragend an. Ich reagierte nicht und sprach weiter: „Herr von Hohenstein, haben Sie einen eigenen PKW?“ Er rückte sein Jackett zurecht und richtete sich auf: „Ja, Frau Damarus, einen BMW.“
„Gut, Herr von Hohenstein. Sie beginnen am nächsten Ersten.“
Hannes sprang auf: „Frau Damarus…“
„Ja, ich weiß, Herr Jahnke. Ich soll die Auswahl treffen und das habe ich soeben getan.“
Schön noch einmal zurückzublicken, um zu verstehen, wie es Claudia wirklich ergangenist. Ich war bereits beim Buch sehr eingenommen von der realistischen Darstellung, wie schnell der Arbeitsaltag uns alle vereinnahmen kann. Ich freue mich auf den nächsten Beitrag.